Zusammenfassung des Urteils B 2011/229: Verwaltungsgericht
H. H., ein serbischer Staatsangehöriger, reichte gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Einbürgerungsgesuch ein. Nach der Trennung wurde sein Gesuch separat behandelt. Der Einbürgerungsrat lehnte das Gesuch ab, da H. H. zwei Verkehrsdelikte begangen hatte. H. H. legte Rekurs ein, der jedoch abgelehnt wurde. In seiner Beschwerde argumentierte H. H., dass die Praxis des Bundesamtes für Migration zur Beurteilung der Beachtung der Rechtsordnung herangezogen werden sollte. Das Verwaltungsgericht entschied zugunsten von H. H., da die Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs auf den Verkehrsdelikten beruhte und als willkürlich angesehen wurde. Das Gericht hob den vorherigen Entscheid auf und wies die Sache zur erneuten Prüfung zurück. Die Beschwerdegegnerin muss die Kosten tragen und H. H. eine Entschädigung zahlen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | B 2011/229 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 31.05.2012 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Urteil Einbürgerungsrecht, Art. 57 BRG (sGS 121.1), Art. 14 lit. c BüG (SR 141.0) sowie Art. 7bis aBRG (nGS 27-76).Das Einbürgerungskriterium der Beachtung der schweizerischen Rechtsordnung darf nicht stur an einem einzigen "messbaren" Kriterium überprüft werden. Eine oder zwei Übertretungsbussen begründen ebenso wenig wie die Nichtteilnahme am örtlichen Vereinsleben Zweifel am Willen und an der Fähigkeit zur Integration, welche durch alle anderen Lebensaspekte bestätigt werden. Daher beruht die Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs gestützt auf zwei Übertretungsbussen auf sachfremden Gründen und ist damit willkürlich (Verwaltungsgericht, B 2011/229).Auf eine gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil vom 17. Januar 2013 nicht ein (Verfahren 1D_1/2012). |
Schlagwörter: | Einbürgerung; Recht; Rechtsordnung; Busse; Gemeinde; Ermessen; Verfahren; Einbürgerungsrat; Bussen; Beachtung; Bussenverfügung; Eignung; Praxis; Entscheid; Einbürgerungsgesuch; Ermessens; Bussenverfügungen; Register; Kanton; Ablehnung; VerwGE; Bundes; Verwaltungsgericht; Sachverhalt; Einbürgerungsgesuchs; Gesuch; ürlich |
Rechtsnorm: | Art. 117 BGG ;Art. 139 StGB ;Art. 14 B?G;Art. 36 BV ;Art. 82 BGG ;Art. 9 BV ; |
Referenz BGE: | 129 I 217; 129 I 232; 131 I 467; 134 I 140; |
Kommentar: | - |
Art. 7bis aBRG (nGS 27-76).
Das Einbürgerungskriterium der Beachtung der schweizerischen Rechtsordnung darf nicht stur an einem einzigen "messbaren" Kriterium überprüft werden. Eine zwei Übertretungsbussen begründen ebenso wenig wie die Nichtteilnahme am örtlichen Vereinsleben Zweifel am Willen und an der Fähigkeit zur Integration, welche durch alle anderen Lebensaspekte bestätigt werden. Daher beruht die Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs gestützt auf zwei Übertretungsbussen auf sachfremden Gründen und ist damit willkürlich (Verwaltungsgericht, B 2011/229).
Urteil vom 31. Mai 2012
Anwesend: Präsident Prof. Dr. U. Cavelti; Verwaltungsrichter lic. iur. A. Linder,
Dr. B. Heer, lic. iur. A. Rufener, Dr. S. Bietenharder-Künzle; Gerichtsschreiber Dr. M.
Looser
In Sachen
H. H.,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin S. R., gegen
Departement des Innern des Kantons St. Gallen,Regierungsgebäude, 9001 St. Gallen,
Vorinstanz, und
Politische Gemeinde W.,vertreten durch denEinbürgerungsrat,
betreffend
Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs
hat das Verwaltungsgericht festgestellt:
./ H. H. (geboren am 5. September 1971) ist serbischer Staatsangehöriger und reiste am 8. Juni 1987 in die Schweiz ein. Er wohnt seit dem 15. Dezember 1997 in der politischen Gemeinde W. und ist mit der mazedonischen Staatsangehörigen R. H.-H. (geboren am 21. März 1971) verheiratet. Das Ehepaar H. hat gemeinsame Kinder.
./ Am 16. März 2009 reichten H. und R. H. gemeinsam ein Gesuch um Einbürgerung in die politische Gemeinde W. ein. Nach Bekanntgabe ihrer ehelichen Trennung wurde das Gesuch von H. H. gesondert behandelt. Am 23. Oktober 2010 führte der Einbürgerungsrat W. mit H. H. ein Einbürgerungsgespräch, und dessen positiver Verlauf wurde letzterem mit Schreiben vom 11. November 2010 mitgeteilt. Gleichzeitig wurde in diesem Schreiben festgehalten, dass das Gesuch nach dem am 1. Januar 2011 in Kraft tretenden Gesetz über das St. Galler Bürgerrecht weiterbehandelt werde.
Am 18. August 2010 erhielt H. H. eine Bussenverfügung mit einer Busse von Fr. 500.-- wegen Überschreitung des Gesamtgewichts des von ihm gefahrenen Lieferwagens, der Überschreitung der zulässigen Achsenlast beim Anhänger des Lastwagens, der Überschreitung der Reifentragkraft sowie wegen ungenügender Sicherung der zu transportierenden Ladung, allesamt begangen am 17. Mai 2010. Zudem wurde ihm mit Bussenverfügung vom 3. November 2010 eine Busse von Fr. 350.-- wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts von 68 km/h anstatt 50 km/h, begangen am
17. September 2010, auferlegt.
Mit Verfügung vom 1. April 2011 wurde das Einbürgerungsgesuch kostenpflichtig abgelehnt. Gleichzeitig wurde in der Verfügung festgehalten, dass H. H. ein neues Gesuch um Einbürgerung stellen könne, sofern während fünf Jahren ab der letzten Bussenverfügung keine weiteren Verfehlungen mehr aktenkundig würden. Die Verfügung wurde vor allem damit begründet, dass der Einbürgerungsrat im Rahmen seines ihm zustehenden Ermessenspielraums entschieden habe, dass aufgrund der beiden Bussenverfügungen vom 18. August 2010 und 3. November 2010 die für eine Einbürgerung vorauszusetzende Beachtung der schweizerischen Rechtsordnung derzeit nicht erfüllt sei.
./ Dagegen erhob H. H. mit Eingabe seiner Rechtsvertreterin vom 15. April 2011 Rekurs beim Departement des Innern und verlangte die kosten- und entschädigungspflichtige Aufhebung der Verfügung vom 1. April 2011 sowie die Anweisung an das Einbürgerungsamt, dass H. H. die Einbürgerung zu gewähren sei. Der Rekurs wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die beiden Bussenverfügungen wegen Bagatelldelikten zur Rechtfertigung der Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs von H. H. nicht ausreichen würden. Das Beachten der Rechtsordnung setze gemäss der Praxis des Bundesamtes für Migration (abgekürzt BFM) nur voraus, dass gegen den Einbürgerungsbewerber keine ungelöschten Vorstrafen bestehen würden und keine Strafverfahren hängig seien.
Mit Entscheid vom 24. Oktober 2011 wies das Departement des Innern den Rekurs ab. Der Entscheid wurde hauptsächlich damit begründet, dass der Bund Mindestvorschriften über die Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern erlasse und die Kantone sowie die Gemeinden zusätzliche und auch strengere Einbürgerungsvoraussetzungen aufstellen könnten. Aufgrund des ihnen zustehenden Ermessens und des fehlenden Einbürgerungsanspruchs dürften Gemeinden eine strengere Praxis bei der Beurteilung der Beachtung der Rechtsordnung verfolgen als das BFM. Deshalb bewege sich die Abweisung des Einbürgerungsgesuchs in diesem Ermessensspielraum.
./ Mit Eingabe seiner Rechtsvertreterin vom 8. November 2011 erhob H. H. Beschwerde beim Verwaltungsgericht und beantragte die kosten- und entschädigungspflichtige Aufhebung des Entscheids des Departements des Innern vom 24. Oktober 2011; und das Einbürgerungsamt W. sei anzuweisen, dem Beschwerdeführer die Einbürgerung zu gewähren. Die Beschwerde wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Praxis des BFM bei der Beurteilung der Beachtung der Rechtsordnung herangezogen werde müsse, wonach vorausgesetzt sei, dass keine ungelöschten Vorstrafen bestünden und kein Strafverfahren hängig sei. Nach dem Willen des st. gallischen Gesetzgebers sei ebenfalls auf den Strafregisterauszug abzustellen. Sodann erweise sich die Abstützung auf die beiden Bussenverfügungen als Begründung für die Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs als willkürlich und unverhältnismässig.
Das Departement des Innern beantragte in seiner Vernehmlassung vom 24. November 2011 die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde. Auch der Einbürgerungsrat der Gemeinde W. beantragte am 13. Dezember 2011 die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die Rechtsvertreterin von H. H. verzichtete mit Schreiben vom
23. Dezember 2011 auf eine Stellungnahme zu den Vernehmlassungen.
Auf die weiteren Ausführungen der Verfahrensbeteiligten wird – soweit erforderlich –
nachfolgend eingegangen.
Darüber wird in Erwägung gezogen:
1. (…).
2. Als erstes ist zu prüfen, welches Recht für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts zur Anwendung gelangt.
Aufgrund von zwei für das Einbürgerungsrecht wegleitenden Entscheidungen des Bundesgerichts (BGE 129 I 217 und 129 I 232) hat der Kantonsrat ein neues Bürgerrechtsgesetz verabschiedet (vgl. ABl 2004, S. 1119 ff.), das in der Volksabstimmung vom 24. November 2004 abgelehnt wurde. In der Folge hat die Regierung mehrmals eine befristete Verordnung (nGS 40-1; nGS 42-1; sowie nGS 44-1) erlassen, welche das kantonale Bürgerrechtsgesetz vom 5. Dezember 1955 (nGS
27-76, abgekürzt aBRG) den Vorgaben der Kantonsverfassung (sGS 111.1, abgekürzt
KV) und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung anpasste (VerwGE B 2006/176 vom
27. Februar 2007 E. 2.1; B 2007/140 vom 27. November 2007 E. 2.1 mit Hinweisen; B 2009/229 vom 31. Mai 2011 E. 2.2 mit Hinweisen; alle abrufbar unter www.gerichte.sg.c h). Am 1. Januar 2011 trat schliesslich das BRG in Kraft.
Art. 57 lit. a BRG bestimmt, dass für Einbürgerungsgesuche, die bei Vollzugsbeginn dieses Erlasses beim Einbürgerungsrat hängig sind, für die Voraussetzungen zur Erteilung des Kantons- Gemeindebürgerrechts die Bestimmungen des aBRG und
des Einbürgerungsreglements der politischen Gemeinde angewendet werden. Für das Einbürgerungsverfahren gelangen hingegen gemäss Art. 57 lit. b BRG die Bestimmungen des BRG zur Anwendung. Aus diesen Übergangsbestimmungen ergibt sich, dass nicht generell die Geltung des bisherigen Rechts für hängige Einbürgerungsverfahren statuiert wurde (VerwGE B 2009/229 vom 31. Mai 2011 E. 2.2, abrufbar unter www.gerichte.sg.ch). Die vorliegende Streitsache war im Zeitpunkt des Inkrafttretens des BRG vor dem Einbürgerungsrat hängig. Daher ist hinsichtlich der Einbürgerungsvoraussetzungen für das vorliegende Gesuch noch das alte Recht gemäss aBRG massgebend. Zu beachten ist aber, dass dieses Recht teilweise dem übergeordneten Recht widerspricht und zwischenzeitlich Notrecht galt (VerwGE
B 2009/229 vom 31. Mai 2011 E. 2.2, abrufbar unter www.gerichte.sg.c h). Deshalb kann das aBRG nur insofern auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung finden, als es nicht dem übergeordneten Recht dem Notrecht widerspricht.
Vorliegend ist einzig umstritten, ob der Beschwerdeführer das Eignungskriterium "Beachtung der schweizerischen Rechtsordnung" gemäss Art. 14 lit. c des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (SR 141.0, abgekürzt BüG) erfüllt. Die anderen Eignungskriterien sind unbestritten.
Der Beschwerdeführer lässt vorbringen, dass trotz des Ermessens des Einbürgerungsrates die Praxis des BFM als Richtlinie herangezogen werden müsse. Nach dieser Praxis setze das Beachten der Rechtsordnung voraus, dass gegen den Einbürgerungsbewerber keine ungelöschten Vorstrafen bestünden und kein Strafverfahren hängig sei. Übertretungsbussen würden gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. c Ziff. 1 der Verordnung über das Strafregister (SR 331) erst ab einer Höhe von CHF 5'000.-- ins Strafregister eingetragen. Ausnahmsweise könne nach der Praxis des BFM selbst dann eine Einbürgerung erfolgen, wenn ein Eintrag im Strafregister vorliege, aber es sich hierbei nur um eine Verurteilung zu einer bedingten, kurzen Haftstrafe Geldstrafe handle. Vorliegend sei der Beschwerdeführer nicht im Strafregister verzeichnet.
Die ordentliche Einbürgerung erfolgt in zwei Stufen: Zuerst prüft der Bund resp. das BFM, ob die in Art. 14 f. BüG festgehaltenen Mindestvoraussetzungen erfüllt sind, und danach nehmen die Kantone aufgrund ihrer eigenen (zusätzlichen) Vorschriften die
eigentliche Einbürgerung vor. Die Kantone sowie die Gemeinden – nach Massgabe des kantonalen Rechts - können zusätzliche materielle Einbürgerungsvoraussetzungen zu den bundesrechtlichen Mindestvorschriften aufstellen, wie die Mindestdauer des Wohnsitzes in Kanton und Gemeinde eigene Eignungserfordernisse (Häfelin/ Haller/Keller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7. Aufl., Zürich 2008, Rz. 1334; Hafner/Buser, in: Ehrenzeller/Mastronardi/ Schweizer/Vallender [Hrsg.], St. Galler Kommentar BV, 2. Aufl., St. Gallen/Zürich 2008, N 6 zu Art. 38; G. Biaggini, Kommentar BV, Zürich 2007, N 13 zu Art. 38). Die Erteilung der Einbürgerungsbewilligung des Bundes vermittelt deswegen alleine keinen Anspruch auf Einbürgerung (Häfelin/Haller/ Keller, a.a.O., Rz. 1327 und 1333; Biaggini, a.a.O., N 13 zu Art. 38).
3.1.2. Nach der gesetzlichen Ordnung des Kantons St. Gallen und nach Art. 104 KV besteht – abgesehen von den hier nicht interessierenden Sonderfällen – kein Rechtsanspruch auf Einbürgerung (VerwGE B 2009/229 vom 31. Mai 2011 E. 2.1;
B 2008/206 vom 19. August 2009 E. 2.1; B 2007/140 vom 27. November 2007 E. 2.1; B 2006/176 vom 27. Februar 2007 E. 2.1; alle abrufbar unter www.gerichte.sg.ch). Gemäss Art. 104 Abs. 1 KV entscheidet der Einbürgerungsrat über die Erteilung des Gemeinde- und des Ortsbürgerrechts. Auf Einsprache hin entscheiden die Stimmberechtigten der politischen Gemeinde an der Bürgerversammlung resp. das Gemeindeparlament (Art. 104 Abs. 3 KV).
Im Kanton St. Gallen ist also die ordentliche Einbürgerung im Sinne von Art. 104 Abs. 1 KV und Art. 2 Abs. 1 lit. a BRG ein Entscheid, den der Einbürgerungsrat der politischen Gemeinde fällt. Die verfahrensrechtliche Bestimmung in Art. 2 Abs. 1 lit. a BRG findet aufgrund von Art. 57 lit. b BRG bereits auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung. In materieller Hinsicht ist indessen Art. 7bis aBRG massgebend, der bestimmt, dass Ausländer eingebürgert werden können, wenn sie nach Massgabe des Bundesrechts
zur Einbürgerung geeignet sind. Aufgrund der Kann-Formulierung handelt es sich dabei um einen Ermessensentscheid. Der Verweis in Art. 7bis aBRG auf Art. 14 und 15 BüG mit den formellen (Wohnsitzerfordernisse) und materiellen (Eignung) Mindestvoraussetzungen für eine Einbürgerung ändert am Ermessensspielraum des Einbürgerungsrates nichts, da die Kantone und Gemeinden – wie ausgeführt – zusätzliche (weitergehende) Einbürgerungsvoraussetzungen aufstellen dürfen. Art. 7bis aBRG ist also in dem Sinne zu verstehen, dass die Gemeinden resp. die
Einbürgerungsräte mangels Vorliegens zusätzlicher kantonaler Eignungsvoraussetzungen eigene Eignungsvorgaben aufstellen dürfen, sofern sie dabei den bundesrechtlich gesetzten Mindeststandard nicht untergraben. Zulässig sind aber nicht nur zusätzliche Eignungsvoraussetzungen, sondern auch eine strengere Handhabung der vom Bundesrecht vorgegebenen Eignungsvoraussetzungen wie z.B. der Beachtung der Rechtsordnung gemäss Art. 14 lit. c BüG. Eine Einbürgerung kann daher bei Vorliegen der formellen und der materiellen bundesrechtlichen Einbürgerungsvoraussetzungen vorgenommen werden, sie muss aber nicht. Dies liegt im Ermessen des Einbürgerungsrates der politischen Gemeinde resp. im Ermessen der Stimmberechtigten bzw. des Gemeindeparlaments im Falle einer Einsprache. Da die Stimmberechtigten bzw. das Gemeindeparlament lediglich im Falle einer Einsprache über Einbürgerungsgesuche entscheiden (Art. 104 Abs. 3 KV), besitzt der Einbürgerungsrat die gleiche Autonomie und das gleiche Ermessen, wie wenn die Stimmbürgerschaft an der Bürgerversammlung bzw. das Gemeindeparlament über die Einbürgerung beschliessen würde. Wie das Einbürgerungsermessen im Einzelfall zu handhaben ist, geht aus dem Wortlaut von Art. 7bis aBRG nicht hervor. Erst die Einbürgerungspraxis bestimmt, nach welchen Kriterien eingebürgert wird. Die Ermessensausübung ist somit in keiner Weise gesteuert; die Einbürgerungspraxis selbst hat einen quasi-rechtsetzenden Charakter. Es steht auch der zuständigen Behörde aufgrund ihres Ermessens frei, eine freizügige zurückhaltende Einbürgerungspolitik zu entwickeln (VerwGE B 2008/206 vom 19. August 2009 E. 2.4.1 mit Hinweisen; B 2009/229 vom 31. Mai 2011 E. 2.7.2; beide abrufbar unter www.gerichte.sg.c h).
3.1.3. Aus dem Gesagten folgt, dass die Praxis des BFM, wonach auch bei Bagatelldelikten eine Einbürgerung möglich ist (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-2466/2008 vom 27. Juni 2011 E. 5.3.4 mit Hinweis), als Mindestvorschrift aufzufassen ist. Es ist dem Kanton resp. im Kanton St. Gallen aufgrund von Art. 7bis aBRG dem kommunalen Einbürgerungsrat überlassen, zusätzliche materielle Eignungsvoraussetzungen für eine Einbürgerung aufzustellen eine strengere Praxis zu bestehenden Eignungsvoraussetzungen zu verfolgen. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, ist der Einbürgerungsrat nur insofern an die Praxis des BFM gebunden, als er dessen Anforderungen an eine Einbürgerung nicht unterschreiten darf. Es erweist sich daher unter den Grundsätzen der
Kompetenzausscheidung zwischen Bund und Kanton als zulässig, das Einbürgerungskriterium "Beachtung der Rechtsordnung" gemäss Art. 7bis aBRG in Verbindung mit Art. 14 lit. c BüG strenger zu handhaben als das BFM (vgl. auch Urteil des Verwaltungsgerichts Bern vom 26. Oktober 2011 E. 4.2, BVR 2012, S. 203).
Als unbehelflich gegenüber diesen Ausführungen erweist sich der Standpunkt des Beschwerdeführers, wonach weder die Beschwerdegegnerin noch der Kanton
St. Gallen eigene, strengere Kriterien in Form eines Gesetzes Reglements betreffend Einhaltung der Rechtsordnung getroffen hätten. Auch wenn den Gesuchstellern kein Anspruch auf Einbürgerung zustehe, solle ihnen dennoch Orientierung darüber gegeben werden, welche Anforderungen bei einer Einbürgerung erfüllt zu sein hätten. Es widerspreche dem Gebot der Rechtsgleichheit, in jedem Fall neue, nicht in der Praxis verankerte Beurteilungskriterien heranzuziehen.
Wie bereits erwähnt, sind im positiven Recht nur die Mindestanforderungen festgehalten, die keinen Rechtsanspruch auf Einbürgerung verschaffen. Der Einbürgerungsrat kann darüber hinaus in konkreten Einzelfällen eigene Kriterien für die Einbürgerung aufstellen. Die allenfalls über die bundesrechtlichen Mindestvoraussetzungen hinausgehenden Einbürgerungskriterien müssen indessen nicht abschliessend reglementiert werden, sondern die Einbürgerungspraxis hat quasi- rechtsetzenden Charakter (vgl. Y. Hangartner, Neupositionierung des Einbürgerungsrechts, AJP 13 [2004], S. 8). Der Ermessensspielraum des Einbürgerungsrates rechtfertigt nämlich eine Verpflichtung zur abschliessenden Normierung aller denkbaren Entscheidungskriterien nicht. Andernfalls würde sich die Aufgabe des Einbürgerungsrats auf die Prüfung reduzieren, ob die reglementarischen Voraussetzungen erfüllt sind, und es würde ein verfassungswidriger Rechtsanspruch auf Einbürgerung begründet werden (VerwGE B 2006/176 vom 27. Februar 2007 E. 2.4, abrufbar unter www.gerichte.sg.c h). Zu beachten ist aber die Schranke des Rechtsgleichheitsgebots, da es sich nicht rechtfertigt, für vergleichbare Sachverhalte jeweils eine neue Praxis zu begründen. Der Beschwerdeführer lässt indessen keine vergleichbaren Sachverhalte geltend machen, in denen trotz Bagatellbussen eine Einbürgerung vorgenommen wurde. Aus den Akten sind ebenfalls keine Anhaltspunkte ersichtlich, wonach die Beschwerdegegnerin in vergleichbaren Fällen Bussenverfügungen nicht zur Beurteilung der Beachtung der Rechtsordnung
heranziehen würde. Deshalb erweist sich vorliegend die Abstützung auf nicht reglementierte Kriterien für die Beurteilung der Einbürgerungseignung nicht per se als rechtswidrig. In der Erw. 4 wird aber zu prüfen sein, ob diese Abstützung im vorliegenden Sachverhalt verfassungskonform ist.
Der Beschwerdeführer macht sodann geltend, dass gemäss Botschaft und Entwurf
über das Bürgerrechtsgesetz vom 26. August 2003 lediglich ein einwandfreier straf- und betreibungsrechtlicher Leumund vorliegen müsse. Ein hängiges Strafverfahren ein nicht gelöschter Eintrag im Strafregister würden nach geltender Praxis stets die Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs nach sich ziehen. Eine Ausnahme bilde ein laufendes Strafverfahren wegen eines Übertretungsdelikts, da diese Art in der Regel nicht zu einem Strafregistereintrag führe. Es sei also auf den Strafregisterauszug
abzustellen und bei der Begehung eines Übertretungsdelikts sei von der Beachtung der Rechtsordnung auszugehen.
Es ist zwar richtig, dass gemäss Botschaft zu Art. 15 Abs. 2 lit. c des Entwurfs vom
26. August 2003 ein laufendes Strafverfahren wegen eines Übertretungsdelikts nicht zu einem Strafregistereintrag führt und demnach nicht stets die Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs mit sich bringt (ABl 2003, S. 1912). Die Botschaft sagt aber nicht aus, dass ein Übertretungsdelikt niemals einen Grund für die Ablehnung eines Einbürgerungsgesuches darstellen könne. Der Beschwerdeführer übersieht auch, dass er sich auf eine Botschaft zu einem Gesetz beruft, das nie in Kraft trat, sondern vom Volk am 24. November 2004 abgelehnt wurde (vgl. Erw. 2). Nach dem für den vorliegenden Sachverhalt anwendbaren Art. 7bis aBRG bestehen indessen keine zusätzlichen kantonalen materiellen Eignungskriterien, sondern die Normierung solcher Kriterien überliess der Gesetzgeber den kommunalen Einbürgerungsräten. Es ist also nach der vorliegend massgebenden Rechtslage – wie bereits erörtert – nicht ausgeschlossen, dass die kommunalen Einbürgerungsräte weitere Eignungsvoraussetzungen aufstellen resp. die bundesrechtlichen Einbürgerungsvoraussetzungen strenger als das BFM handhaben. Hinzu kommt, dass die Einbürgerungsvoraussetzungen nach der Botschaft zum Entwurf vom 26. August 2003 im Vergleich zu den bundesrechtlichen Mindestvorgaben verschärft worden wären und dies als zulässig erachtet wurde (ABl 2003, S. 1904 und 1912). Inwiefern
Art. 15 des Entwurfs vom 26. August 2003 sodann weitere kommunale
Einbürgerungskriterien resp. eine strengere Handhabung des Kriteriums "Beachtung der schweizerischen Rechtsordnung" nicht ausgeschlossen hätte, da diese Norm wie Art. 7bis aBRG eine Kann-Bestimmung enthielt und den Einbürgerungsentscheid ins Ermessen der zuständigen Behörden stellte, braucht vorliegend angesichts des intertemporalen Hintergrunds nicht abschliessend entschieden zu werden. Es lässt sich somit festhalten, dass der Beschwerdeführer aus der Botschaft vom 26. August 2003 nichts zu seinen Gunsten ableiten kann.
Zusammenfassend war es den kommunalen Einbürgerungsräten unter Geltung von Art. 7bis aBRG aufgrund ihres Ermessensspielraums unbenommen, eine strengere Handhabung des Eignungskriteriums "Beachtung der schweizerischen Rechtsordnung" zu verfolgen und dies nicht in einem Reglement festzuhalten, soweit diese Praxis für sämtliche vergleichbaren Sachverhalte galt.
Abschliessend bleibt noch zu prüfen, ob die Beschwerdegegnerin ihren Ermessensspielraum durch die Abstützung des Einbürgerungsentscheids auf zwei Bussenverfügungen trotz der grundsätzlich zulässigen strengeren Handhabung des Eignungskriteriums "Beachtung der Rechtsordnung" verfassungswidrig ausgeübt hat.
Wie bereits festgehalten, verfügt der Einbürgerungsrat über grundlegendes Ermessen und ist nicht auf eine bestimmte Zielsetzung des Bürgerrechtsgesetzes verpflichtet. Daher steht ihm resp. der Gemeindeversammlung dem Gemeindeparlament im Falle einer Einsprache (Art. 104 Abs. 3 KV) die Befugnis zu, in konkreten Einzelfällen die Voraussetzungen für die Erteilung des Bürgerrechts festzulegen und bei den einzelnen Gesuchstellern zu prüfen, ob diese weiteren Voraussetzungen erfüllt sind und ob gegebenenfalls das Bürgerrecht erteilt wird (VerwGE B 2006/176 vom 27. Februar 2007 E. 2.4; B 2000/229 vom 31. Mai 2011
E. 2.7.2; beide abrufbar unter www.gerichte.sg.c h).
Die Prüfungskompetenz des Verwaltungsgerichts hat sich gemäss Art. 61 VRP auf Rechtsverletzungen, wozu auch Ermessensfehler und -missbrauch gehören, sowie auf die unrichtige unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts zu beschränken. Die Überprüfung der Angemessenheit ist dem Verwaltungsgericht verwehrt (vgl. anstatt vieler VerwGE B 2011/211 vom 20. März 2012 E. 4.2, abrufbar
unter www.gerichte.sg.c h). Rechtmässig ist ein Entscheid selbst dann, wenn das Ermessen zwar unzweckmässig gehandhabt wurde, die Verfassungsprinzipien sowie der Sinn und Zweck der Ordnung jedoch gewahrt bleiben (GVP 2010 Nr. 36 E. 4.2.3 mit Hinweis). Hinsichtlich Einbürgerungsentscheiden hat dies zur Folge, dass das Verwaltungsgericht im Streitfall nur überprüfen kann, ob der Einbürgerungsrat sein Ermessen überschritten missbraucht hat und damit rechtswidrig handelte. Ein Ermessensmissbrauch liegt vor, wenn der Einbürgerungsrat zwar im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens bleibt, sich aber von unsachlichen, dem Zweck der Vorschrift fremden Erwägungen leiten lässt allgemeine Rechtsgrundsätze verletzt. Ebenso wird Ermessensmissbrauch angenommen, wenn der Einbürgerungsrat wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt lässt (VerwGE B 2008/206 vom 19. August 2009
E. 2.4.2, abrufbar unter www.gerichte.sg.c h). Es lässt sich somit festhalten, dass die Einräumung eines Entscheidungs- resp. Ermessensspielraums nicht bedeutet, dass die zuständige Behörde bei der Ermessensausübung völlig frei ist. Sie ist vielmehr auch bei Einbürgerungsentscheiden an die Verfassung gebunden und hat insbesondere das Rechtsgleichheitsgebot gemäss Art. 8 der Bundesverfassung (SR 101, abgekürzt BV), das Willkürverbot gemäss Art. 9 BV sowie das Verhältnismässigkeitsprinzip gemäss
Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV zu beachten (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Auflage, Zürich 2010, Rz. 441; BGE 129 I 232 E. 3.3; vgl. VerwGE
B 2009/229 vom 31. Mai 2011 E. 2.3. und 2.7.2; sowie B 2007/140 vom 27. November 2007 E. 2.2; beide abrufbar unter www.gerichte.sg.ch). Ist ein Entscheid über die Einbürgerung aber weder diskriminierend noch willkürlich, sondern beruht auf sachlichen Gründen, so hat ihn die politische Gemeinde resp. deren zuständiges Organ kraft ihrer Gemeindeautonomie gemäss Art. 89 Abs. 1 KV gültig gefällt (VerwGE
B 2008/206 vom 19. August 2009 E. 2.4.1 mit Hinweisen, abrufbar unter
www.gerichte.sg.c h).
Die Berufung auf das Rechtsgleichheitsgebot hilft nach der Praxis des Verwaltungsgerichts nur in einem inkonsistenten Einzelfall zu Lasten eines Gesuchstellers im Kontext einer sonst unveränderten Praxis (VerwGE B 2009/229 vom
31. Mai 2011 mit Hinweis auf Hangartner, a.a.O., S. 12). Wie bereits in der Erw. 3.3 festgehalten, sind für den vorliegenden Sachverhalt keine Anhaltspunkte ersichtlich, die auf eine rechtsungleiche gar diskriminierende Behandlung durch den Einbürgerungsrat und damit auf einen inkonsistenten Einzelfall schliessen lassen
würden. Zudem hält die Beschwerdegegnerin in ihrer Verfügung vom 1. April 2011 fest, dass sie eine einheitliche Praxis bei aktenkundigen Verstössen und Verfehlungen gegen die schweizerische Rechtsordnung durch Einbürgerungsbewerber verfolge.
Der Beschwerdeführer lässt vorbringen, dass bei einer strengeren Beurteilung als nach den bundesrechtlichen Mindestvorschriften die Kriterien zumindest in der Praxis üblich resp. sachgerecht sein müssten. Im Übrigen sei angesichts der geringen Vergehen und in Anbetracht dessen, dass alle anderen Einbürgerungsvoraussetzungen unbestrittenermassen gegeben seien, die Ablehnung der Einbürgerung als unverhältnismässig zu betrachten. Insgesamt beinhalte die Verweigerung der Einbürgerung gestützt auf zwei Bussen einen klaren Verstoss gegen das Willkürverbot.
Die Beschwerdegegnerin beurteilte das Eignungskriterium "Beachtung der Rechtsordnung" gemäss Art. 7bis aBRG in Verbindung mit Art. 14 lit. c BüG anhand von zwei Bussenverfügungen. Die Vorinstanz erachtete dies nicht offensichtlich als unhaltbar als stossenden Verstoss gegen den Gerechtigkeitsgedanken. Eine strengere Praxis als diejenige des BFM nach dem BüG sei für sich alleine genommen nicht willkürlich.
Nach der Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar gar zutreffender erscheint, genügt nicht (vgl. anstatt vieler BGE 134 I 140 E. 5.4 mit Hinweisen). Eine besondere Zurückhaltung auferlegt sich das Bundesgericht bei der materiellen Beurteilung, indem es erst einschreitet, wenn sich die Behörde von sachfremden sonst wie ganz offensichtlich unhaltbaren Erwägungen hat leiten lassen, so dass ihr Entscheid unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten als nicht mehr vertretbar und damit als willkürlich erscheint (BGE 131 I 467 E. 3.1). Ein ablehnender Einbürgerungsentscheid kann demnach willkürlich sein, wenn er auf sachfremden Gründen beruht.
4.3.2. Im Zusammenhang mit dem Eignungskriterium "Integration" nach Art. 14 lit. a BüG hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass es nicht willkürlich ist, auch bei unbescholtenen Gesuchstellern wegen Fehlens einer besonderen lokalen Integration die Einbürgerung zu verweigern. Zugleich hat das Verwaltungsgericht aber festgehalten, dass der Grad der Integration aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu prüfen ist. Dabei dürfen die Voraussetzungen an die Integration nicht zu hoch angesetzt werden, so kann eine besondere lokale Integration nicht ausschliesslich mit einer Aktivität in Vereinen begründet werden. Es sind auch andere Merkmale wie Anstellungsdauer, Dauer des Wohnsitzes in der Gemeinde, Zeugnis des Arbeitsgebers, Bestätigungen in der Nachbarschaft etc. zu berücksichtigen, die ebenfalls Merkmale einer Integration in der Wohngemeinde darstellen können (VerwGE B 2009/229 vom
31. Mai 2011 E. 2.7.3).
Diese Praxis zum Eignungskriterium "Integration" ist analog bei der Beurteilung des Eignungskriteriums "Beachtung der Rechtsordnung" anzuwenden. Es ist also einerseits auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen und andererseits darf die Beachtung der Rechtsordnung nicht anhand eines einzelnen Merkmals beurteilt werden. Im Unterschied zum Eignungskriterium "Integration" können aber gewisse Dokumente bei der Beurteilung der Beachtung der Rechtsordnung ein Übergewicht einnehmen resp. allein ausschlaggebend sein. Die Beachtung der Rechtsordnung zielt nämlich in erster Linie darauf ab, dass ein einwandfreier straf- und betreibungsrechtlicher Leumund besteht. Zudem soll das Verhalten der Einbürgerungsbewerber bei der Ausübung ihrer Rechte und der Erfüllung ihrer Pflichten berücksichtigt werden. Von ihnen wird erwartet, dass sie sich zu den demokratischen Institutionen des schweizerischen Staates bekennen. Deshalb sollen Gesuchsteller, deren Haltung Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung nicht zweifelsfrei ausschliesst, von der Einbürgerung ausgeschlossen werden (Botschaft zur Änderung des Bürgerrechtsgesetzes vom
26. August 1987, BBl 1987 III 305). Aus diesem Grund besitzen Zentralstrafregisterauszüge sowie Betreibungsregisterauszüge alleine bereits genügend Aussagekraft, ob jemand die schweizerische Rechtsordnung beachtet nicht. Es stellt sich aber anschliessend die Frage, ob dies auch für Bussenverfügungen gilt, die nicht im Strafregister erscheinen.
Die Heranziehung von Bussenverfügungen für die Beurteilung des Eignungskriteriums "Beachtung der Rechtsordnung" resp. des Bekenntnisses zu den demokratischen Institutionen der Schweiz erscheint nicht per se als willkürlich resp. als sachfremd. So zeigen beispielsweise wiederholte Bussenverfügungen wegen Tätlichkeiten gemäss Art. 126 des Strafgesetzbuches (SR 311.0, abgekürzt StGB) wegen geringfügigen Diebstählen gemäss Art. 172ter in Verbindung mit Art. 139 StGB ein Verhalten auf, das nicht einem einwandfreien Leumund entspricht.
Vorausgesetzt ist aber, dass es sich nicht um einmalige geringfügige Ausrutscher handelt, da daraus nicht automatisch und vor allem nicht ausschliesslich auf einen schlechten strafrechtlichen Leumund geschlossen werden kann. Sobald aber ein Einbürgerungsbewerber in einem kurzen Zeitraum mehrere, wenn auch nur geringfügige Taten verübte, erweist sich der Ermessensentscheid, dass sich diese Person um die schweizerische Rechtsordnung nicht kümmert, nicht als willkürlich.
Bei den Bussenverfügungen ist auch der Einzelfall zu betrachten, weswegen jemand gebüsst wurde. Der Beschwerdeführer wurde seit Beginn des Einbürgerungsverfahrens im März 2009 mit zwei Bussenverfügungen aus dem Jahre 2010 bestraft. Während des zweijährigen Verfahrens vor der Beschwerdegegnerin bis zur Verfügung vom 1. April 2011 waren dies seine beiden einzigen Verfehlungen. Die eine Busse betraf eine Geschwindigkeitsübertretung innerorts von 18km/h pro Stunde, da der Beschwerdeführer gemäss seinen Aussagen gegenüber der Polizei zu wenig auf den Tacho geschaut und dadurch das Auto zu früh beschleunigt habe (act. 8-6/11). Die zweite Bussenverfügung betraf eine Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts, die Überschreitung der zulässigen Achslast, das Überschreiten der Reifentragkraft und eine ungenügende Ladungssicherung. Diese Tatbestände verwirklichten sich während der Arbeit des Beschwerdeführers, da dieser gemäss Aussagen gegenüber der Polizei nur auf die Nutzlast im Fahrzeugausweis geschaut habe und davon ausgegangen sei, dass diese genügend sei (act. 8-6/10). Entgegen der Ausführungen der Beschwerdegegnerin in ihrer vorinstanzlichen Vernehmlassung vom 31. Mai 2011 hat der Beschwerdeführer dadurch nicht in grober Art und Weise die Verkehrsvorschriften verletzt (act. 8-6), da er andernfalls nicht mit einer Busse, sondern mit Freiheitsstrafe Geldstrafe bestraft worden wäre (vgl. Art. 90 Ziff. 2 des
Strassenverkehrsgesetzes, SR 741.01). Der Beschwerdeführer hat sich also keiner
schweren Verfehlung schuldig gemacht, sondern lediglich zweier Übertretungen. Aus diesem Grund rechtfertigt es sich nicht, die Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs alleine mit den beiden Bussenverfügungen aus dem Jahr 2010 zu begründen. Anders wäre es, wenn der Beschwerdeführer sich in kürzerer Zeit zahlreicher Verkehrsdelikte schuldig gemacht hätte, sodass daraus geschlossen werden müsste, dass ihm die schweizerische Rechtsordnung egal ist.
Vor Einreichung des Einbürgerungsgesuchs fiel der Beschwerdeführer im Februar 2005 wegen einer verbalen Auseinandersetzung mit seiner damaligen Ehefrau auf, woraufhin keine Strafanzeige erfolgte (act. 8-6/4). Zudem wurde er mit Strafbefehl vom 20. Dezember 2004 wegen Inverkehrbringens eines Anhängers in nicht betriebssicherem Zustand sowie wegen Vornahme einer Verrichtung, die die Bedienung des Fahrzeugs erschwert, mit einer Busse von Fr. 400.-- bestraft (act. 8-6/4). Mit Ausnahme der
beiden erwähnten Bussenverfügungen aus dem Jahr 2010 sind dies die einzigen aktenkundigen Verfehlungen des Beschwerdeführers. Die verbale Auseinandersetzung aus dem Jahr 2005 ist irrelevant, da es gemäss polizeilichem Orientierungsbericht zu keinen strafbaren Handlungen kam (act. 8-6/4). Die Busse aus dem Jahr 2004 ist aufgrund ihrer zeitlichen Distanz unbeachtlich, weshalb diese durch die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin zu Recht nicht berücksichtigt wurde.
Aus den Akten sind also keine weiteren Hinweise darauf zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer die schweizerische Rechtsordnung nicht respektieren würde. Daher ist anzunehmen, dass er mit Ausnahme der erwähnten Bussenverfügungen ein unbescholtener Einwohner der Schweiz ist, was sich insbesondere auch aus seinem Zentralstrafregisterauszug ergibt. Bezeichnend im positiven Sinne für den Beschwerdeführer ist ebenfalls, dass er die Tatbestände in den beiden Bussenverfügungen aus dem Jahr 2010 auf Vorhalt anerkannte und die Sachverhalte nicht abstritt. Auch in finanzieller Hinsicht zahlte der Beschwerdeführer gemäss den vorliegenden Akten alle seine Verpflichtungen gegenüber den kantonalen kommunalen Ämtern, sodass daraus geschlossen werden muss, dass er die Regeln der schweizerischen Rechtsordnung akzeptiert.
Hinzu kommt, dass sich die Ablehnung des Einbürgerungsgesuches sowie die fünfjährige Sperrfrist seit der letzten Bussenverfügung für ein neues
Einbürgerungsgesuch als unverhältnismässig erweisen. Beides ist weder erforderlich noch zumutbar, um eine gewaltfreie politische Auseinandersetzung in der Schweiz und die Beachtung der hiesigen Rechtsordnung durchzusetzen. Dem Beschwerdeführer ist aufgrund der Akten kein Gewaltpotential zuzusprechen, und seine Verfehlungen wiegen nicht derart schwer, dass die öffentlichen Interessen an (absolut) unbescholtenen eingebürgerten Schweizern seine privaten Interessen an einer Einbürgerung überwiegen würden.
Aus dem Gesagten folgt, dass die alleinige Abstützung auf zwei Bussenverfügungen wegen Verkehrsdelikten als sachfremder Grund für die Ablehnung des Einbürgerungsgesuches des Beschwerdeführers und damit als willkürlich erscheint.
4.4. Diesem Ergebnis steht auch nicht der Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2007/140 vom 27. November 2007 entgegen. In letzterem Urteil hielt das Verwaltungsgericht fest, dass es sachlich haltbar ist, die Ablehnung eines
Einbürgerungsgesuchs mit dem Hinweis auf ein infolge Rückzugs der Strafanzeige eingestelltes Strafverfahren wegen Drohung zu begründen. Eine Drohung ist im Gegensatz zu den vom Beschwerdeführer verursachten Verkehrsdelikten ein Vergehen, das mit Freiheitsstrafe und Geldstrafe bestraft wird und zwingend einen Eintrag ins Strafregister zur Folge hat. Wie bereits ausgeführt, kann ein bestehender Strafregistereintrag bereits für sich eine rechtskonforme Ablehnung eines Einbürgerungsgesuchs begründen. Hinzu kommt, dass sich der Sachverhalt im Entscheid B 2007/140 um eine familieninterne Angelegenheit drehte, und das Verhalten der Gesuchsteller gegenüber ihrer erwachsenen Tochter im Widerspruch zu deren persönlichkeitsbezogenen Rechten stand, da sie gegen die Eheschliessung ihrer christlichen Tochter mit einem Mann muslimischen Glaubens waren (VerwGE
B 2007/140 vom 27. November 2007 E. 2.5.2). Es bestanden daher erhebliche Zweifel, ob die Gesuchsteller bereit waren, fundamentale Grundsätze der schweizerischen Rechtsordnung zu beachten, wie z.B. das Recht auf freie Eheschliessung zwischen erwachsenen Personen. Im vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt kann hingegen dem Beschwerdeführer kein Vorwurf eines fundamentalen Verstosses gegen die schweizerische Rechtsordnung gemacht werden.
5. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Beachtung der schweizerischen Rechtsordnung nicht stur an einem einzigen "messbaren" Kriterium überprüft werden darf. Eine zwei Übertretungsbussen begründen ebenso wenig wie die Nichtteilnahme am örtlichen Vereinsleben Zweifel am Willen und an der Fähigkeit zur Integration, welche durch alle anderen Lebensaspekte bestätigt werden. Daher beruht die Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs gestützt auf zwei Übertretungsbussen auf sachfremden Gründen und ist willkürlich. Folglich ist die Beschwerde gutzuheissen. Der angefochtene vorinstanzliche Entscheid vom 24. Oktober 2011 ist aufzuheben und die Sache ist gemäss Art. 57 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 34 Abs. 3 BRG an die Beschwerdegegnerin zur Durchführung des Auflage- und Einspracheverfahrens zurückzuweisen. Da vorliegend lediglich das Eignungskriterium "Beachtung der schweizerischen Rechtsordnung" strittig war und das Kurzgespräch zwecks Einbürgerung positiv gewertet wurde, hat die Beschwerdegegnerin der Einbürgerung zuzustimmen, soweit nicht neue tatsächliche rechtliche Gesichtspunkte einen anderen Entscheid nahelegen.
6. (…).
Dem Beschwerdeführer sind die geleisteten Kostenvorschüsse im Beschwerdeverfahren von Fr. 1'500.-- sowie im Rekursverfahren von ebenfalls Fr. 1'500.-- zurückzuerstatten.
Der Beschwerdeführer hat Anspruch auf eine ausseramtliche Entschädigung im Beschwerdeverfahren (Art. 98bis VRP). Aufgrund der Sach- und Rechtslage war eine anwaltliche Vertretung im Rekursverfahren notwendig und angemessen (Art. 98 Abs. 2 VRP). Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers hat weder im Beschwerde- noch im Rekursverfahren eine Kostennote eingereicht, weswegen die Entschädigung ermessensweise festzusetzen ist (Art. 6 und 19 der Honorarordnung für Rechtsanwälte und Rechtsagenten, sGS 963.75, abgekürzt HonO). Eine Entschädigung von insgesamt Fr. 3'500.-- für das Beschwerde- und Rekursverfahren zuzügl. MwSt ist angemessen (Art. 22 Abs. 1 lit. b HonO). Die Entschädigungspflicht geht sowohl für das Rekurs- wie auch für das Beschwerdeverfahren zu Lasten der Beschwerdegegnerin.
Demnach hat das Verwaltungsgericht
zu Recht erkannt:
./ Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und der Entscheid der Vorinstanz vom 24. Oktober 2011 sowie die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 1. April 2011 werden aufgehoben.
./ Die Angelegenheit wird an die Beschwerdegegnerin zur Durchführung des Auflage-
und Einspracheverfahrens zurückgewiesen.
./ Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1'500.--gehen zu Lasten der Beschwerdegegnerin; auf die Erhebung wird verzichtet. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet.
./ Die amtlichen Kosten des Rekursverfahrens von Fr. 1'500.-- sowie die Gebühr der Verfügung vom 1. April 2011 von Fr. 1'000.-- gehen ebenfalls zu Lasten der Beschwerdegegnerin; auf die Erhebung wird verzichtet. Der geleistete Kostenvorschuss im Rekursverfahren von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet.
./ Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das Beschwerde- und Rekursverfahren insgesamt mit Fr. 3'500.-- zuzügl. MwSt ausseramtlich zu entschädigen.
V. R. W.
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Versand dieses Entscheides an:
den Beschwerdeführer (durch Rechtsanwältin S. R.)
die Vorinstanz
die Beschwerdegegnerin
das Bundesamt für Migration
am:
Rechtsmittelbelehrung:
Die Rechtsmittelberechtigung gegen diesen Entscheid richtet sich nach Art. 82 ff. BGG. Einbürgerungen sind im Ausnahmekatalog in Art. 83 lit. b BGG aufgeführt. Zur subsidiären Verfassungsbeschwerde ist berechtigt, wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung Änderung des angefochtenen Entscheides hat
(Art. 115 lit. b und Art. 117 BGG). Das Rechtsmittel ist innert dreissig Tagen nach der
Eröffnung beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen.
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